Es war gewissermaßen ein Songschreiben am offenen Herzen. Die Idee zu dem Song über Stefan Zweig entstand beim Lesen der "Welt von Gestern". Sehr kühne Idee, weiß man doch sehr wenig über die private, stille Seite dieses Intellektuellen, der mit Leidenschaft seinen Geist - immer wieder auch den Geist anderer - versprühte.
Zweig ist nur ein Spiegel. Und doch viel mehr: Öfter schon habe ich mich in einen Menschen verliebt, dem ich nie persönlich begegnet bin, dessen Schicksal mich aber über die Maßen beschäftigte. So auch bei Zweig, bei dem ich aber - und das war neu - das ziemlich genau beschrieben fand.
Meine kühne Idee schien ins Leere zu laufen, immer wieder fing ich neu an, was sich als sehr schwierig erwies, weil ich ja gleich am Anfang schon die vermeintlich letzte Strophe aufgeschrieben hatte. Eine Wünschelrute musste her, meine Gitarren konnten es aber aus irgendeinem Grund diesmal nicht sein.
Also kam ich auf die Idee, Zweig selbst sprechen zu lassen; ich suchte beim Lesen der Tagebücher nach Sätzen, die mich unmittelbar ansprechen würden - und fand sie sofort: Über irgendjemand schreibt er "er wagt sich ins Wort", über einen anderen "er verzieh mir im Grunde nur so viel, wie ich ihm verzieh".
Dann ging alles plötzlich wie von selbst; in einer nie vorher von mir genutzten offenen G-Stimmung fing meine Gitarre die Musik ein.
I.M. Lotte & Stefan Zweig
lyrics
Zweig
Die Welt war im Werden und er war bereit
er wagt sich ins Wort, die Welt war so weit
wenn die Worte nicht wachsen, dann wechsle den Ort
die Dinge, sie dauern doch überall fort
Wie das Echo der Vielen in ihm so früh schon erklang
als sei er die Stimme des Anderen, der sein Lied in ihm sang
du verzeihst dir so viel wie er sich verzieh
im Grunde zu wenig, am Ende doch nie
Sie hat das Fenster geschlossen, sein Blick geht hinaus
war da ein Schatten im Garten? Er will nicht mehr raus
die Tür ist verriegelt, jetzt kommt eh keiner mehr
der Hund ist gefüttert, sein Fressnapf ist leer
Eine silberne Zange, eine Spange aus Gold
all die restlichen Bücher, kommt, nehmt was ihr wollt
von dem was geblieben, ist das meiste Papier
jetzt ist alles geschrieben - und was nicht, das bleibt endlich hier
Jetzt ist alles vergeben und alles bedacht
die Sterne, die Stunden, das Bett ist gemacht
der letzte Brief aufgegeben, das Pulver bereit
die Welt war von Gestern, und er ist soweit
Nur ein Schritt aus dem Grau ins Schwarze vom Blau
nur ein letzter Schritt und nichts - nichts geht mehr mit
Zweig - denen ein Leben
Zweig - die in keinem mehr sind
Zweig - wo ist das Leben, wenn ich keines mehr, wirklich keines mehr, gar kein eigenes Leben mehr find?
Zweig - denen ein Leben
Zweig - die in keinem mehr sind
Zweig - wo ist das Leben, wenn ich keines mehr, wirklich keines mehr, gar kein eigenes Leben mehr find
credits
released February 18, 2022
Uli Kringler (electric guitar)
Lars Hansen (bass)
Worte, Bilder Töne - ohne ging's nie, höchstens schief. * 1960 in Düsseldorf,
seit 2009 in Hamburg, dazwischen liegen
viele Umzüge und nicht ganz so viele Berufe. Songs & Lieder sind mir irgendwann zu einer Art innerer Heimat geworden.
Zwischen Stimme und Gitarre passt kein Blatt, alles aus einem Guss. Seit ich ihn mit "Evidence of Living" gehört habe - meine Tochter machte mich auf ihn aufmerksam -, bin ich ein großer Fan. Jörg Erb
Ich traf die beiden hier in Hamburg, und wir wurden gleich Freunde. Wunderbare elektrische Gitarren & Valentinas Stimme, die sofort an eine heutige Janis Joplin erinnert. Jörg Erb
Tompkins Square offers newly-recorded material from two guitarists to commemorate their appearance on a 1967 Takoma Records sampler LP. Bandcamp New & Notable Jun 2, 2017